Umsatzsteuer in Europa: Darauf muss man bei der Internationalisierung achten
Beim Versand ins Ausland kommen zahlreiche steuerliche Herausforderungen auf Onlinehändler zu: Lieferschwellen, Verbringungen, Buchhaltung und vieles mehr. Durch die Komplexität moderner logistischer Strukturen ist eine automatisierte Lösung zwingend notwendig. Im Folgenden werden die größten Risiken anhand von Beispielen aus der Praxis erläutert und erklärt wie diese einfach bewältigt werden können. Bevor man sich nicht richtig mit der Umsatzsteuer für Onlinehändler auskennt, sollte man nicht international tätig werden.
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Umsatzsteuer im Onlinehandel – ein kontrollierbares finanzielles Risiko
Eines der größten finanziellen Risiken für Onlinehändler sind Fehler im Rahmen der Umsatzsteuer, welche meist erst in den Betriebsprüfungen aufgedeckt werden. Deshalb ist es wichtig, seine Steuern bereits vorher im Griff zu haben. Wenn man sich erst nach Aufdeckung darum kümmert, ist es eigentlich schon zu spät. Der Prüfungsturnus beträgt vier bis acht Jahre. Häufig fehlt Onlinehändlern das Knowhow und sie beachten nicht, dass es bei Steuern niemals einen Verhandlungsspielraum gibt und es selbst bei Unwissen rechtlich direkt als Steuerhinterziehung gilt. Zwei Themen mit denen sich jeder Onlinehändler beschäftigen sollte, werden im Folgenden dargestellt.
Steuerrisiko 1: Lieferschwellen, was ist das?
Jedes EU-Land hat eine Umsatzgrenze mit unterschiedlicher Höhe. Wenn man also Waren aus dem eigenen Land in andere Länder verkauft, muss man es in dem Land anders versteuern. Bis man die Lieferschwelle des jeweiligen Ziellandes erreicht hat, ist alles gut und ich kann alles im Herkunftsland (Deutschland) versteuern. Wenn man die Lieferschwelle aber überschreitet, muss man es im Zielland versteuern und hat ggf. höhere Steuerabgaben. Dann braucht man auch eine ausländische Steuernummer und ich muss jeden Monat im anderen Land Steuererklärungen schreiben. Eine überschrittene Lieferschwelle wirkt sich immer auf das komplette Folgejahr aus.
Des Weiteren gelten Lieferschwellen immer pro Bestimmungsland. Man muss die Beträge aller Länder aufsummieren, in denen man einlagert und ins Zielland liefert. Und wenn das in Summe höher als die Lieferschwelle ist, wäre ich im Zielland steuerpflichtig.
Interessiert es den Steuerprüfer überhaupt, wenn man Lieferschwellen übertritt?
Ja, es interessiert den Prüfer, da Steuerabgaben im Heimatland zu hoch und im ausländischen Staat zu niedrig angesetzt wurden. Länder fordern dann Beträge nach.
Lösung: Permanente Überwachung der Lieferschwellen
Um das Risiko zu vermeiden, sollte man tagesaktuell und vorausschauend die Lieferschwellen überwachen. Man sollte die Auswirkungen aus dem Vorjahr sowie relevante Transaktionen immer im Blick haben. Sämtliche Verkaufskanäle müssen aggregiert werden und die Lieferschwellen pro Zielland beachtet werden. Beim Rechnen muss man darauf achten, dass es sich immer um Nettoumsätze handelt und das Ganze nur bei B2B, und nicht für B2C relevant ist. Man muss im Unternehmen frühzeitig darauf aufmerksam machen, da die Beantragung einer Steuernummer in der Regel zwei bis drei Monate dauert und einen immer höhere Strafzahlungen erwarten. Wenn man sich also nicht damit auskennt, sollte man international zunächst nicht verkaufen.
Man kann aber auch für zwei Jahre komplett auf Lieferschwellen verzichten. Zum Beispiel für deutsche Händler, die im Ausland arbeiten, macht der Verzicht Sinn.
Steuerrisiko 2: FBA-Lager im Ausland
Umsatzsteuerlich muss man jede einzelne Verbringung erfassen – sowohl im Herkunftsland, als auch im Zielland. Um näher am Kunden zu sein, lohnt es sich die Versandkosten zu senken und im Ausland einzulagern, wodurch man direkt steuerpflichtig ist. Sobald der erste Verkauf aus einem ausländischen Fulfillment Center passiert, ist man dort steuerpflichtig, braucht eine Steuernummer und muss laufende Steuerklärungen einreichen. Dementsprechend hat man zwei Steuernummern im selben Moment. Jede einzelne Transaktion ist umsatzsteuerlich relevant, selbst wenn noch kein einziger Verkauf stattgefunden hat. In jedem Land braucht man Steuernummern und die Steuerpflicht hat nichts mit Lieferschwellen zu tun.
Was ist das Besondere bei Warenverschiebungen zwischen den Ländern?
Generell sind Warenverschiebungen zwischen den Ländern erst einmal umsatzsteuerfrei. In jedem Land, in dem die Verbringung startet, ist die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (Verbringung) zu erklären. Dabei sind die kumulierten Einkaufspreise aller verbrachten Waren eines Monats bzw. eines Quartals anzugeben. Es handelt sich dabei umsatzsteuerlich sozusagen um B2B Lieferungen an sich selbst, welche in der EU steuerfrei sind. Solche grenzüberschreitenden B2B Lieferungen gehen zum Beispiel von der deutschen an die polnische Unternehmeridentität. Das Problem ist, dass Finanzämter oft nicht FBA-affin sind und die Strukturen nicht genau kennen.
Man muss lediglich Belege liefern, dass zurecht steuerfrei gehandelt wurde. Ansonsten erwarten einen hohe Strafzahlungen, sämtliche Warenverbringungen werden nicht mehr akzeptiert und müssen hoch versteuert werden.
Lösung: Pro-Forma-Rechnungen
Dabei handelt es sich um Rechnungen über die Warenverbringung zwischen den Warenlagern. Es sind fingierte Rechnungen, die man sozusagen an sich selbst stellt. Man ist beispielsweise Absender mit deutscher Steuernummer und gleichzeitig Empfänger mit polnischer Steuernummer, wodurch eine B2B Lieferung in der EU automatisch nachgewiesen wird. Genauere Informationen hierzu sind in den Amazon Reports zu finden.
Anwendungsfallbeispiel „CEE“: Nutzung der FBA-Lager in PL und CZ
Ein bekannter Anwendungsfall ist das beliebte FBA-Lager in Mitteleuropa. Der Hauptnutzungsgrund dafür ist, dass Amazon das Ganze um 0,50 EUR verbilligt und man somit direkt eine Ersparnis hat. Man kann den Nutzen zwar schnell berechnen, aber darf auf keinen Fall die Kosten außer Acht lassen.
Die Kosten dafür sind, dass man sobald man der Lagerung in Polen oder Tschechien zustimmt, eine polnische und tschechische Steuernummer braucht sowie jemanden, der die laufenden Meldungen in Polen und Tschechien einreicht.
Themen, die man kennen sollte, wenn man das Programm „Amazon-FBA-Lager“ aktiviert
- Es sollte sich die Frage gestellt werden, ab wann die Nutzung der FBA-Lager lohnend ist. Die Ersparnis lässt sich mit 50 Cent pro Verkauf einfach berechnen. Allerdings sind auch Kosten der Umsatzsteuer Compliance wie Steuerberater in Polen und Tschechien zu beachten, die die laufenden Meldungen einreichen. Erst ab einer gewissen Anzahl von Verkäufen lohnt sich ein FBA-Lager für Onlinehändler.
- Man braucht Registrierungen, also Steuernummern in PL und CZ und jemanden, der die laufenden Meldungen in PL und CZ für einen einreicht.
- Freiwilliger Lieferschwellenverzicht in DE macht für die meisten Händler Sinn, die hauptsächlich an deutsche Kunden verkaufen. Das muss man z.B. gegenüber dem polnischen Staat offiziell erklären und formal beantragen. Es gibt dabei auch eine Sperrfrist von 30 Tagen gibt, bis der Lieferschwellenverzicht gültig ist. Sobald der Lieferschwellenverzicht gültig ist, kann man ab dem ersten Verkauf aus Polen nach Deutschland alles zu 19% in Deutschland versteuern.
- Einkaufspreise müssen zur Dokumentation von Warenverbringungen geliefert werden.
- Umsatzsteuern (USt) auf Lieferungen innerhalb PL und CZ und in andere EU-Länder (außer nach Deutschland) müssen allerdings meistens trotzdem gezahlt werden.
Aktuelles aus der Rechtsprechung: Marktplatzhaftung
Marktplatzhändler sollen in Zukunft Bescheinigungen vom Finanzamt erhalten, dass umsatzsteuerlich alles in Ordnung ist. Im Endstadium soll das Ganze an das Bundeszentralamt für Steuern geleitet werden. Wenn die Bescheinigung nicht vorliegt, sind Amazon und Ebay in der Lage, den Händler zu sperren. Man sollte sich unbedingt rechtzeitig um die Bescheinigung kümmern, da die Beantragung einige Zeit dauern wird – Aktuell noch in Papierform, voraussichtlich aber bald ein digitaler Prozess.
Mehr zum Thema und was passiert, wenn Amazon aufgrund fehlender Steuerinformationen das Verkäuferkonnto sperrt, findet ihr hier: https://www.intomarkets.com/amazon-22f-steuerbescheinigung-seller-account-gesperrt/
Was macht Taxdoo?
Taxdoo automatisiert Umsatzsteuer. Sie sammeln Daten, bewerten und überwachen diese im Hinblick auf Lieferschwellen, um sie auch im Ausland über eigene Steuerberater einreichen zu können. Anschließend werden die Daten in die Finanzbuchhaltung überführt.
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