Felix Gassman im Interview
Felix Gassmann war 7 Jahre Senior Vendor Manager bei Amazon in München. Vor 10 Jahren waren in der deutschen Schaltzentrale in der Landeshauptstadt Bayerns noch 180 Mitarbeiter beschäftigt – aktuell sind es mehre tausend Menschen, die in München für Amazon arbeiten und 500 davon im AMG / AMS Bereich.
Jeff Bezos hat Felix leider nie getroffen, hatte aber die Ehre, ihm beim jährlichen „All hands Meeting“ in Seattle auf der Bühne zu erleben. Das Wichtigste, was Felix bei Amazon gelernt hat, war sich zu priorisieren: Outlook und Excel gepaart mit dem Pareto-Prinzip (mit 20% Einsatz 80% Ergebnis zu erzielen, war bei ihm viele Jahre tagesbestimmend. Nach wie vor wird bei Amazon eine gewisse Startup-Mentalität („It’s still day one!“) gelebt. Damals wie heute werden viele Dinge direkt auf der Marketplace-Plattform getestet und bei Erfolg als generelles Feature global ausgerollt.
Eine andere wichtige Sache für Felix: „Think Big“, denn von Beginn an musste er ein Lieferanten-Handling auf dreistelligen Millionenniveau in Sachen Umsatz hinbekommen, was natürlich mit einer hohen Verantwortung einherging.
Was macht ein Vendor Manager?
Ein Vendor Manager auf Amazon ist dafür verantwortlich, neue Selections / neue Lieferanten auf die Plattform zu holen und die bestehenden Lieferanten positiv hinsichtlich Umsatz und Produktportfolio zu entwickeln. An Umsatz, Profitabilität und der Anzahl an Artikeln wird ein Vendor Manager bei Amazon gemessen. Dabei muss er je nach Job-Level und Produktkategorie mit 800 bis 900 Lieferanten sprechen, verantwortet 40.000 Produkte und bekommt 500 bis 700 E-Mails pro Tag. Ein Vendor Manager fungiert daher im weitesten Sinne auch wie ein klassischer Einkäufer.
Vendor vs. Seller – was ist besser auf Amazon?
Laut Felix kommt es ganz auf das Setup des jeweiligen Herstellers, bzw. Verkäufers an, ob man Vendor oder Seller auf Amazon werden sollte. Wenn als Hersteller bereits im mehrstufigen Vertrieb (z.B. Verkauf der Waren an Wiederverkäufer wie Mediamarkt, Satur, Lidl, Rewe etc.) tätig ist, dann wird man sich als „einfacher Seller“ eher schwer tun. Allein um auch einen gewissen Kanalkonflikt zu vermeiden, ist in diesem Fall das Amazon Vendor Programm von Vorteil.
Jedoch warnt Felix jeden davor, sich Hals über Kopf ins Vendor-Programm zu stürzen, sondern sich vorab nur mit professioneller Unterstützung durch einen Dienstleister (z.B. Amazon Agentur mit Schwerpunkt Vendoren) in dieses Geschäftsfeld zu wagen.
Wer bereits als klassischer Einzelhändler z.B. auch mit eigenen Webshop im B2C Bereich unterwegs ist, für den kommt dann eher das Marketplace-Programm als normaler Seller in Frage. Hier gibt es gleich mehrere Vorteile: Preishoheit, die eigene Entscheidung hinsichtlich der Anzahl und Art der Waren „on Stock“. Zudem ist man als Seller auf Amazon einfach „freier“ und flexibler. Wer dann noch am FBA-Programm teilnimmt, hat auch annähernd die gleichen Conversion-Rates (CVR) wie ein Vendor. Wenn man als Onlinehändler einfach aufs Endkundengeschäft eingestellt ist, dann kommt eigentlich nur das Seller-Programm in Frage.
Die Vorteile, die Vendoren gegenüber Sellern haben, werden zudem ohnehin immer kleiner. Die Features, Platzierung von Ads und generell die Werbemöglichkeiten gleichen sich zwischen den beiden Programmen nach und nach an.
Ebay oder Amazon – welcher Vertriebskanal ist besser für Onlinehändler?
Felix schickt vorweg: Diversifizierung ist generell wichtig und man sollte genau auf seine Käuferschaft und die Art seiner Produkte schauen. Bestimmte Produktsegmente funktionieren auf Ebay einfach besser als auf Amazon. Wer z.B. kleinteiliges Werkzeug oder Schrauben verkauft oder Produkte im Kfz-Zubehör-Bereich anbietet, ist bei Ebay deutlich besser aufgehoben, als bei Amazon. Auch in puncto Antiquitäten hat Ebay immer noch „Hausmacht“.
Bei klassischen Comodity-Produkte („Was man überall kaufen kann“) ist und wird Amazon immer interessanter, weil hier ein hoher Wettbewerb (auch auf Produktdetailseite) vorherscht und dadurch Preise aus Käufersicht immer attraktiver werden. Zudem ist der Kundenservice auf Amazon besser als bei Ebay und das nehmen auch die Nutzer wahr. Dennoch rät Felix dazu, Ebay nicht außer Acht zu lassen und wenn man es Ressourcen-schonend (Logistik, SEO, Warenwirtschaft etc.) mitmachen kann, dann sollten man dies auch tun. Generell müssen Onlinehändler möglichst breit präsent sein und die Plattformen bedarfsgerecht und kundengerecht bespielen.
Wie wichtig ist Amazon SEO wirklich?
Der Erfahrung von Felix nach wird Amazon SEO oft überbewertet. Er rät dazu, lieber die maximale Energie in ein vernünftiges Produkt mit guter Qualität zu stecken, als stunden- und tagelang auf die Jagd nach der besten Keyword-Kombination zu gehen. Man muss den Kunden schlicht das gewisse „WOW“ Ergebnis liefern, um sich langfristig am Markt durchzusetzen. Mittel- und langfristig werden sich gute Produkte bei Amazon automatisch „nach oben spülen“, denn Amazon arbeitet darauf hin, dass die besten Produkte mit dem bestem Preis und den attraktivsten Kundenservice oben stehen. Am Ende entscheidet auf Amazon immer der Kunde selbst. Ein weiterer Tipp von ihm: Das System sollte man nicht versuchen auszutricksen, sondern immer versuchen, sein Produkt zu verbessern.
Felix Gassmann auf dem merchantday 2018
Man sollte Felix unbedingt einmal live erleben, denn er bringt jede Menge Erfahrung im Umgang mit Amazon mit und kann viele wertvolle Tipps auch abseits der Bühne geben. Bei seinem Vortrag auf der E-Commerce-Konferenz merchantday wird Felix am 13.04.2018 über folgende Themen sprechen:
- Welche Rolle spielen Amazons Eigenmarken?
- Wie funktioniert das „System Amazon“ in Sachen Zusammenarbeit zwischen Vendor und Seller?
- Spannende Insights von einem langjährigen, ehemaligen Amazon Mitarbeiter
Wenn du also noch kein Ticket für den merchantday 2018 gekauft hast, dann solltest du das unbedingt nachholen und Felix Gassmann „live on Stage“ erleben. Mit dem Gutschein-Code FGASS20 (max. 20 Tickets) bekommst du jedes Ticket 20% günstiger – aber nur solange der Vorrat reicht.
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