Hallo Till, magst du dich kurz vorstellen?

Hallo, ja gerne! Ich bin Till, seit knapp 10 Monaten bei Freighthub und damit quasi seit Stunde Null. Freighthub ist ein digitales Start-up im Logistik Bereich, wir sind spezialisiert auf internationale See- Luft- und Bahnfracht mit Sitz in Berlin und Hamburg.

Ich hätte früher auch nie gedacht, dass ich einmal in einer Spedition arbeite. Was uns halt besonders macht, ist, dass wir als erste digitale Frachtspedition in Europa an den Markt gegangen sind. Das bedeutet für den Kunden, dass er oder sie online Fracht buchen und verwalten kann – ungefähr so einfach, wie online einen Flug zu kaufen.

Der ein oder andere kennt mich vielleicht aus der FBA Community, wir haben ein wahnsinnig guten Rückhalt dort. Das liegt wohl daran, das wir mit unserm digitalen Approach ein gutes Match haben mit dem klassischen FBA Seller, der sein Business per Laptop steuert und keine Lust hat, ein Faxgerät anzuschaffen, bloß um Frachtsendungen abzuwickeln.

Ich betreibe selber nebenbei einen Onlinestore indem wir Fliegen verkaufen, also die Dinger die man sich um den Hals bindet. Habe ich mit einer Freundin angefangen als wir beide in China gelebt haben. Ich kenne neben dem Shipping auch zum Thema Sourcing und internationaler Handel ganz gut aus.

Was ist deine Aufgabe bei FreightHub und wie bist du dazu gekommen?

Alles wo FBA draufsteht landet früher oder später bei mir auf dem Tisch. Es gibt ein paar besondere Anforderungen an deinen Logistiker wenn du eine Sendung direkt aus dem Ursprungsland zu Amazon ins Warehouse schicken willst. Ist kein Hexenwerk, aber sollte man schon mal gemacht haben. Ich und mein Team zumindest machen den ganzen Tag nichts anderes.

Da gehts um die Paketlabel, um Palettenlabel, Bestimmungen bezüglich des Fahrzeugs auf dem angeliefert werden darf oder auch wie hoch und schwer man ein Palette packen darf. Wenn man dazu nimmt, dass eine Sendung mal schnell durch 8 oder 9 Hände geht bis sie final bei Amazon ist, wir ungefähr 200 Häfen regelmässig anfahren und dann zu der Seefracht auch noch Luft- und Bahnfracht machen, hui – manchmal qualmt uns ganz gut der Kopf.

Und natürlich kommen noch allgemeine Themen hinzu, Incoterms, Frachtpapiere, Verzollung und so weiter. Viele Seller sehen sich plötzlich vor der Aufgabe sich mit solchen Fragen zu beschäftigen und wollen sich vielleicht lieber auf andere Aufgaben konzentrieren. Für die sind wir dann Ansprechpartner.

Aber wie ich hierzu gekommen bin? Ich habe eine Zeit lang in Kolumbien studiert, bin dann von dort über Umwege nach China gekommen. Während meiner Arbeit für eine Kunststiftung mit Sitz in Hong Kong erste Factories besucht, Canton Fair auch, klar. Aber langfristig wollte ich nicht in Asien bleiben. Also zurück nach Deutschland und über einen Freund auf Facebook von Freighthub gehört. Eine Woche später ging es los. Damals waren wir hier noch wesentlich weniger Leute, sind seit Gründung bereits zwei mal umgezogen weil kein Platz mehr für neue Leute war.

Luft, See oder beides – welcher Versandweg aus China ist beim Importieren der beste?

Das ist schwierig zu verallgemeinern. Wir bieten grundsätzlich drei Modi an: See, Luft, Bahn. Dazu noch einen vierten, SeaAir. Dabei schiffen wir die Ware nach Singapore oder Dubai und nutzen die günstigen Luftfrachtraten von dort nach Europa um einen günstigen Gesamtpreis bei verhältnismässig kurzer Laufzeit zwischen 12  und 22 Tagen zu realisieren.

Alle vier Modi haben verschieden lange Laufzeiten und unterscheiden sich natürlich preislich.

Ich schlage vor wir schauen uns mal ein konkretes Beispiel an:

25 Kisten mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Kubikmeter bei 420 Kilo, FOB Shenzhen Port ins Amazonlager Pforzheim inklusive Verzollung.

Mit dem Schiff dauert das 37 Tage und kostet 484.65 €.

Der Zug fährt 22 Tage und kostet 810.57 €.

Wenn wir Schiff und Flugzeug kombinieren kommen wir auf 21 Tage bei 995.49 €.

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Mit dem Flieger sind wir 7 Tage unterwegs und zahlen 1,903.45 €.

Du siehst, am Ende des Tages kommt es darauf an wie schnell du deine Ware brauchst. Wenn du kurz vor Out-of-Stock bist lohnt es sich vielleicht, jetzt in dem Fall, das vierfache für Luftfracht zu zahlen und damit die Ware einen Monat früher zu haben.

Dazu muss ich auch sagen, dass jede Relation und jeder Modus seine eigene Preisdynamik hat. Der Zug ist allgemein günstiger aus Nordchina, Airfreight ist teurer in Q4 mit den höchsten Preisen um Weihnachten herum. Seefracht Kapazität wird um Chinese New Year immer wieder knapp.

Andere Sachen machen dann auch gar keinen Sinn; aus Taiwan oder Japan mit dem Zug beispielsweise. Das sind beides Inseln.

Aber genau darauf ist unsere Platform ja ausgelegt: du bekommst mit ein paar Klicks alle Optionen angezeigt und entscheidest selber, was für dich Sinn macht.

Was sind deiner Meinung nach die häufigsten Fehler beim Import und wie kann man diese vermeiden?

Haha, ganz ehrlich? Der größte Fehler ist nicht mit uns zu versenden. Wie man das vermeiden kann?

Sorry, bei der Steilvorlage musste ich das sagen. Natürlich gibt es doch einiges zu beachten.

Eine Empfehlung die ich immer wieder ausspreche, ist, schnell hochzuskalieren und Sendungen so groß wie möglich zu machen. Der Preis pro Kubikmeter Seefracht wird mit jedem zusätzlichen Kubikmeter den ich versende günstiger. Wenn wir uns das Beispiel Shenzhen Port – Amazon Pforzheim von gerade eben noch einmal anschauen: 2,5 Kubikmeter kosten knapp 500€. Für einen 20 Fuss Container mit 33 Kubikmeter zahlst du auf der Relation momentan ungefähr 1.600€. Das ist wenig mehr als das dreifache und du kannst 13 mal mehr Ware in den Container stellen. Der 40 Fuss High Cube Container geht für ca 2500 über die Theke, da passen 76 Kubikmeter rein, also 30 mal das Volumen bei bloß dem 5-fachen an Kosten. Die Daten für diesen Vergleich habe ich mir übrigens gerade innerhalb von Sekunden von unserer Platform geholt – und das trotz der lausigen Wifiverbindung des ICEs in dem ich sitze.

Ein anderer Punkt ist, dass du als Importeur darauf achten solltest, dass du anständige Dokumente erhältst. Gerade wenn man mit neuen Supplier zusammenarbeitest, ist es wichtig zu schauen, dass beispielsweise die Commercial Invoice auch tatsächlich den Betrag ausweist, den du gezahlt hast. Sonst kommst du schnell mit dem Zoll aneinander – und die sitzen meistens am längeren Hebel.

Was ich auch öfter sehe, ist das Importeure den Incoterm nicht eindeutig mit dem Supplier festlegen. Der Incoterm regelt, an welchem Ort das Eigentum an der Ware und damit auch das Risiko der Haftung im Falle von Schäden, von einer Partei an die andere übergeht. Die zwei gängigsten Incoterms die wir sehen sind EXW, sprich Exworks und FOB, sprich Free on Board.

Exworks bedeutet, dass der Importeur die Ware – beziehungsweise wir in seinem Auftrag – die Ware am Lagertor des Suppliers übernimmt.

Free on Board ist der weitaus häufigere Incoterm und bedeutet, dass der Supplier die Ware bis auf das Schiff, oder anderweitige Transportmittel für den Hauptlauf, liefert beziehungsweise die Kosten dafür übernimmt.

Passiert vielleicht nicht allzu häufig, ist aber ein interessanter Punkt: es gibt Supplier, die geben Kartonmaße an, die über den tatsächlichen Maßen der Kartons liegen. Wenn du dir mit diesen übergroßen Kisten ein Angebot über die Versendung einholst, liegt der Preis wahrscheinlich höher, als der den dein Supplier dir für die Versendung bis nach Deutschland genannt hat – klar, er kennt ja die richtigen Maße. Wenn du bedenkst, dass es teilweise Produkte gibt, bei denen die Frachtkosten über den Herstellungskosten liegen, ist das eine nette Gelegenheit doppelt zu verdienen.

Auch ist es entscheidend Angebote genau darauf zu überprüfen, was sie beinhalten. Wir geben grundsätzlich all-in Preise für die Frachtsendungen und chargen auch nichts nach, solange sich der unterliegende Frachtauftrag nicht ändert oder beispielsweise durch eine vom Zoll veranlasste Beschau zusätzliche Kosten entstehen.

Gleichzeitig ist es wichtig nicht zu über-verhandeln, gutes Guanxi – chinesisch für Geschäftsbeziehung – bedeutet auch, deinem Gegenüber nicht die Butter vom Brot zu nehmen. Oder es zu versuchen.

Zuletzt hat Amazon ja noch einmal angekündigt die Lagerkosten zu erhöhen. Damit liegt die monatliche Lagergebühr je Kubikemeter bei 20€ von Januar bis September und 28€ pro Monat von Oktober, bis Dezember. Da macht es schnell Sinn ein Vorhaltelager einzurichten, mit dem wiederum kannst du dann auch gleich Multi-Channel Fulfilment abwickeln und in andere Marketplaces vordringen. Wir haben da natürlich auch Lösungen zu, aber das sprengt jetzt vielleicht den Rahmen. Sprecht uns dazu einfach an.

Was war für dich das krasseste Erlebnis, das du während deines Jobs bei FreightHub erlebt hast?

Wir hatten einmal einen Fall da war aus den Frachtpapieren nicht ersichtlich, dass in der Sendung Produkte waren die mit Batterien geliefert wurden. Das war dann relativ ernüchternd, als wir plötzlich 10 Container Gefahrgut auf dem Wasser hatten. In einem anderen Fall hat ein Importeur die falsche Ware ausgehändigt bekommen, die 60 Kisten in den vierten Stock getragen und erst oben den Fehler bemerkt. In den Kisten waren Schleifsteine.

Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wie wir mit Freighthub angefangen haben, ist Hanjin Shipping pleite gegangen. Hanjin war bis dato die siebtgrößte Reederei, die haben um die 60 Oceanliner betrieben. Die haben von heute auf morgen ihre Crews nicht mehr bezahlt, was wiederum dazu geführt hat, dass die die Anker runter gelassen haben und die Schiffe mitsamt ihrer Fracht ihrem Schicksal überlassen haben. Da haben natürlich viele geflucht, auf der anderen Seite war Shipping plötzlich Gesprächsthema Nummer eins für viele, das war für uns als Start-up natürlich nicht schlecht.

Abschließend ist es wichtig zu verstehen, dass Sendungen oftmals mehrere 10.000 km unterwegs sind und durch viele Hände gehen. Momentan ist im Hafen Shanghai zum Beispiel Stau, aufgrund von Nebel stehen da um die 100 Schiffe Schlange. Beim Zoll in Deutschland hat sich auch über Ostern eine Menge angestaut. Da lohnt es sich dann eventuell über andere Häfen zu gehen oder alternative Verzollungsverfahren zu wählen.

Es kann immer wieder irgendwo zu Verzögerungen und Ausnahmefällen kommen, entscheidend dabei ist, dass wir auf ein System zurückgreifen, dass diese Fälle erkennt, kommuniziert und Alternativen aufzeigt. Am Ende des Tages ist Logistik nicht nur eine Frage dessen, die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben, sondern auch die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt der richtigen Person vorzulegen. Deswegen haben wir auch ein Office in der Hansestadt Hamburg und eins in der IT Hochburg Berlin. Damit kombinieren wir das beste aus beiden Welten um den größten digitalen Freightforwarder zu bauen.

Erlebt Till live auf dem merchantday in Hannover

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Charisma und Know-How – was will man noch mehr auf der Bühne! Wer Till noch nicht kennt, der sollte den smarten Logistik-Experten von Freighthub unbedingt einmal auf der Amazon-Konferenz merchantday 2017 in Hannover kennenlernen und ihm aufmerksam zuhören – denn nicht nur für FBA-Seller liefert er wertvollen Content mit Mehrwert!